Das geplante Handelsabkommen TTIP (Transatlantic Trade and Investment Program) zwischen EU und USA soll eine Freihandelszone für 800 Millionen Menschen einrichten. Ziel ist es, tarifäre (Zölle) und nicht-tarifäre (Vorschriften, Gesetze, Standards, etc.) Handelshemmnisse abzubauen.
Da Zölle zwischen EU und USA kaum noch eine Rolle spielen, geht es vor allem um die Angleichung oder gegenseitige Anerkennung nicht-tarifärer Normen, z.B. im Umwelt-, Gesundheits-, Verbraucher- und Arbeitnehmerschutz. Da die Normen in der EU meist höher sind, bedeutet TTIP für uns Absenkung des Schutzniveaus, was über Schiedsgerichte durchgesetzt werden kann.
TTIP soll ein "lebendes Abkommen" sein, das im Rahmen der "regulatorischen Kooperation" von einem geheim tagenden "Regulierungsrat" (unter Mitarbeit von Lobbyisten) ständig weiterentwickelt wird. Damit läßt sich Deregulierung immer weiter vorantreiben.
TTIP-Bestimmungen bezüglich Marktzugang, Schiedsgerichten, Investitionsschutz ("billige und gerechte Behandlung"; Schutz vor "Bruch legitimer Erwartungen", "offensichtlicher Willkür", "Enteignung", etc.) und die in TTIP eingebauten Regeln zur Unumkehrbarkeit von Liberalisierung/Privatisierung verändern tiefgehend das gesellschaftliche Leben. Sie berühren demokratische Rechte, soziale Standards, Gesundheits-, Verbraucher-, Umwelt-, Daten-, Rechts-, Arbeitnehmer- und Arbeitsschutz.
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Öffentliche Daseinsvorsorge heißt, daß grundlegende Aufgaben einer Gesellschaft - wie Bereitstellung von Wasser, Energie, Entsorgung, Wohnraum, Mobilität, Information, Sicherheit, Gesundheit, Bildung - als öffentliche Aufgabe verstanden und von öffentlichen Betrieben übernommen werden. Das Gegenteil ist private Daseinsvorsorge - privat finanziert und durch privatwirtschaftliche Unternehmen erbracht.
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TTIP wird auch für den Umweltschutz erhebliche Auswirkungen haben, da Konzerne Umweltregeln und -vorschriften vornehmlich als Handelshemmnisse sehen, die es abzuschaffen gilt. Investitionsschutz-Klagen vor privaten Schiedsgerichten bieten dafür das geeignete Instrumentarium.
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Die Diskussion über Verbraucherschutz unter TTIP konzentriert sich auf Lebensmittel. So sind "Chlorhühner", "Hormonfleisch", "Genmais" Europäern meist ein Graus, während Amerikaner sich oft vor Rohmilchkäse, "Tartar" oder frisch gepflückten Erdbeeren ekeln. Verbraucherschutz umfaßt allerdings mehr als Lebensmittel. Darunter fallen ebenso Kleidung, Unterhaltungs-Elektronik, Kinderspielzeug - aber z.B. auch Handfeuerwaffen -, für die jeweils Regulierungen in Europa gelten, die wir nur ungern abschaffen würden.
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Ziele wie gesunde Ernährung, nachhaltige Landwirtschaft, sozial-ökologische Agrarwende, vorsorgender Verbraucherschutz sind EU-Kommission und US-Regierung offenbar unwichtig. Da ein Teil der europäischen Öffentlichkeit sie aber für wichtig hält, versuchen hochrangige EU-Repräsentanten TTIP "grün zu reden". Allerdings wird eingeräumt, daß "notwendige Deals" schmerzhafte Zugeständnisse erfordern können - "akzeptierst Du meinen VW-Airbag, akzeptiere ich Dein Chlorhuhn". Umwelt-, Verbraucher- und Gesundheitsschutz sind offenbar bloße Verhandlungsmasse und stehen zur Disposition.
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Der Abschluß des Freihandelsabkommens CETA zwischen der EU und Kanada im Herbst 2014 - die Ratifizierung steht noch aus - war eine Art Probelauf für TTIP. Einige Experten bezweifeln zwar, daß CETA eine "Blaupause" für TTIP ist - Kanada sei der EU viel ähnlicher als die USA -, aber immerhin wurde die Öffentlichkeit erfolgreich an das Thema herangeführt. Der wachsende Protest - vor allem in Deutschland, Österreich, Großbritannien, den USA - dürfte die TTIP-Befürworter in EU-Kommission, EU-Parlament, vielen nationalen Regierungen und Parlamenten aber doch irritieren. Deshalb hatte der Ende 2014 ausgeschiedene EU-Kommissionspräsident Barroso in dieser Frage sehr aufs Tempo gedrückt, wie jetzt auch Kanzlerin Merkel.
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Die von Neoliberalen seit Jahrzehnten betriebene Deregulierung eines über mehr als hundert Jahre erkämpften Systems sozialer Sicherung (Gesundheits-, Verbraucher-, Umwelt-, Daten-, Rechts-, Arbeitnehmer- und Arbeitsschutz; Kranken-, Pflege-, Unfall-, Arbeitslosen-, Rentenversicherung) und öffentlicher Daseinsvorsorge (Wohnung, Energie, Entsorgung, Arbeit, Bildung, Mobilität, Information, Sicherheit, etc.) erreicht mit TTIP einen vorläufigen Höhepunkt. Die beiden Verhandlungspartner US-Regierung und EU-Kommission wollen ein Handelsabkommen mit möglichst weitgehenden Liberalisierungen.
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